Deutsches Atlantikwall-Archiv
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Jersey / Channel Islands / Îles NormandesStand 30.08.2011 Flächenmäßig ist Jersey die größte der Kanalinseln und hält dementsprechend auch ein vielfältiges "Besuchsprogramm" für den Festungsforscher bereit.
Ein Wahrzeichen der Kanalinseln sind die "Martello"-Türme. Während die Herkunft des Namens noch nicht endgültig geklärt werden konnte, ist der Verwendungszweck dieser Verteidigungsanlagen umso deutlicher. Sich gegenseitig deckend, sollten die Türme, mit Geschützen bestückt und etwa zwei Dutzend Soldaten bemannt, Hafeneinfahrten und landegeeignete Buchten vor dem Feindzugriff schützen. Gebaut wurden sie hauptsächlich 1804-1814, wobei auf Jersey und Guernsey bereits vor den Napoleonischen Kriegen solche Türme erstellt wurden. Einige der alten Türme wurden von den Deutschen teilweise sogar noch als Postenstand für einen Vorgeschobenen Artilleriebeobachter oder auch als Scheinwerferstand genutzt.
Nirgendwo am Atlantikwall wurden so viele Hochleitstände wie auf den Kanalinseln gebaut. Während man die Installation derartiger Hochleitstände an flachen Küsten noch taktisch nachvollziehen kann, verwundern Art und Anzahl der Türme auf den Kanalinseln: fast alle sind auf hochgelegenen Klippen gegründet, wo die zusätzlich gewonnenen Höhenmeter für die Meßstände kaum ins Gewicht fallen dürften. Manche wurden aus Tarnungsgründen sogar unterhalb der Klippenkante gebaut.
Bei der deutschen Version der Martello-Türme hatte man eher die Zusammenfassung der Feuerleitung für mehrere Batterien in einem einzigen Bauwerk im Sinn - was dann wiederum der Materialersparnis zugute kam und zumindest in dieser Hinsicht nachvollziehbar ist.
Jersey besitzt einige große Buchten mit ausgedehnten Sandstränden an der West, Süd- und Ostküste. Sie zu sichern, war Aufgabe der flankierend eingesetzten Schartenstände.
Auf den trennenden Landspitzen installierte man starke Stützpunkte, die Feuerwirkung in alle Richtungen hatten. Hier findet man auch immer wieder den sogenannten "Jägerstand", eine vollfestungsmäßige Konstruktion ähnlich des R 611 (aber mit fest pivotierter Waffe in einem Kampfstand, der wiederum an R 650/670 erinnert und ebenfalls mit einer 10,5 cm K 331 (f) ausgestattet war). Diesen Typ gab es nur einmal außerhalb des Archipels: hunderte Kilometer entfernt im dänischen Nymindegab! Neben der schweren Bewaffnung zur Bekämpfung gepanzerter Ziele verfügten die Einzelstützpunkte natürlich auch über mittelschwere Waffen zur Bekämpfung von Landungsbooten und leichte Geschütze, Granatwerfer sowie Maschinenwaffen zur Infanteriebekämpfung.
Alles in allem war solch ein Stützpunkt nicht nur gut in seinen taktischen Feuermöglichkeiten durchdacht, sondern meistens auch baulich fertiggestellt - ganz im Gegensatz zu den gegenüberliegenden Widerstandsnestern des Cotentin oder der Bretagne.
Für die Unterkunft der Besatzung machte man sich das Vorhandensein älterer Befestigungswerke zunutze. Viele der alten Forts wurden ausgebaut, stellenweise mit Beton verstärkt und sogar wieder "kampffähig" gemacht, indem man in die Mauern Scharten für Maschinenwaffen oder sogar für leichte Geschütze einsetzte. Alte Bettungen wurden mit Flugabwehrgeschützen oder Scheinwerfern neu bestückt.
Alle Fotos des Abschnitts Jersey wurden uns dankenswerterweise von Andreas Günnel zur Verfügung gestellt. Zur Vertiefung
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Stand: 22. März 2023Impressum |