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Der Atlantikwall in Raversijde
Stand 01.10.2015
Unter den Dünen von Raversijde befindet sich heute ein
architektonischer Schatz, der, Dank der Bemühungen der Domänenverwaltung bzw.
des Museumsverbundes Raversijde, seit einigen Jahren der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht wurde.
Das Besondere an der Stellung (vor allem der Bereich der Batterie Tirpitz im
Westen des Geländes) sind die noch vorhandenen und intakten, mit Ziegelsteinen
ausgemauerten und überdeckten Laufgräben. Sie bilden ein „unterirdisches“
Wegenetz, das sämtliche Bauwerke der Batterie berührt.
Noch sind nicht alle
Gänge zum Besuch freigegeben: vor allem im Ostteil, im Bereich der WK I-Batterie Aachen,
will man künftig weitere Teilstücke erschließen. Die Vorgehensweise, im
Gegensatz zu den Bewehrungen mit Stroh, Sandsäcken oder Rundhölzern, Laufgräben
vor allem vor Flugsand zu schützen, fand vor allem im Pas de Calais und an den
belgischen sowie holländischen Küsten Anwendung. Effektiv war die Deckung gegen
Luftaufklärung, der Schutz vor Bombensplittern dürfte allerdings als sehr gering
einzuschätzen sein.
Um das System bei Verschüttungen verlassen zu können, waren
überall Ausstiege angebracht. Abzweige zu diversen Nahkampfständen für MG- und
Einzelschützen boten eine Rundumverteidigung mit der Möglichkeit eines schnellen
Stellungswechsels.
Von den Atlantikwall-Bunkern der Batterie sieht man relativ wenig. Hier und da
mal einen Eingangshof, eine Bunkerdecke oder eine Seitenwand. Die Schartenstände
liegen natürlich aufgrund des notwendigen Schußfeldes mit ihrer Kampffront frei.
Die Tarnung ist heute also noch vorhanden – und dies fast perfekt. |
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Eine Ausnahme bilden natürlich die Geschützbettungen, vor allem die der Erstwaffenausstattung.
Diese mußten mit Tarnnetzen gegen die Luftaufkärung „unsichtbar“ gemacht werden.
Ansonsten hätten sie, auch nach der Umrüstung der Hauptbewaffnung auf 105 mm in
R 671 (Schartenstand für Geschütze auf Sockellafette), die Stellung verraten.
Nicht alle Ständigen Anlagen sind begehbar. Falls doch, hat man diese
trockengelegt, gesäubert, klimatisiert und mit Exponaten versehen, die neben dem
Leben in einem Bunker auch Gegenstände des militärischen Lebens in einer
Marineartilleriestellung verdeutlichen. |
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So sieht man nicht nur
Bereitschaftsräume, den Befehlsstand samt seinem Sanitärtrakt und Generatorraum,
sondern auch die Zustände in einer Waffenkammer und die Lagerung von Nachschub
bzw. Munition in den dafür vorgesehenen Bauwerken.
Am Eingang des Geländes
befinden sich die ersten Außenexponate (Fla-Waffen, ein Torpedo, Seeminen etc.),
bevor man in das Dünengelände eintaucht. Die verschiedenen Kampfstände und offenen Bettungen hat man mit verschiedenen
Artilleriewaffen, allerdings nicht immer originär darin vorkommend, bestückt.
Darunter eine Replica des hier ursprünglichen eingesetzten 120 mm Geschütztyps
(b), etliche Flugabwehrmodelle und eine 37 mm Pak.
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Hoffentlich bleibt die Stielgranate 41 an ihrem
Platz. Wir konnten beobachten, daß Touristen diese bereits abgenommen
hatten. Als sie uns jedoch mit unserer Kamera sahen, wurde die Granate
schnell wieder aufgesteckt. So ist es nicht verwunderlich, daß die
Museen alle beweglichen Exponate entweder festschrauben oder hinter
Panzerglas sichern müssen. |
In einem R 671 (Schartenstand) befindet sich eine 105 mm
SK C/32 und im R 612 eine 75 mm Pak 40. |
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Unscheinbar thront auch ein FT 17 Kampfwagenturm auf der Dünenkante, flankiert
von einem 60 cm Scheinwerfer. Hochinteressant, weil in dieser Komplexität
nirgendwo sonst vorhanden, ist die Sammlung von Landeabwehrhindernissen auf
freiem Feld.
Wer unseren
DAWA Sonderband 13 besitzt, wird
diese Hindernisse ohne Probleme wiedererkennen. |
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Bei der Besichtigung ist man gut und gerne 3 Stunden nur in der Batterie Tirpitz
unterwegs. Besichtigt man noch die Batterie Aachen aus dem I. Weltkrieg und genießt die
Dioramen in den verschiedensten Bunkern, sollte man (mindestens) einen guten
halben Tag für die Besichtigung veranschlagen.
Der Parkraum ist ausreichend, die Familie kann unterdessen das Naturschutzgebiet
Raversijde erwandern oder sich die heimathistorische Siedlung 1465 ansehen.
Alles in allem ist das Terrain wohl als eines der besten Atlantikwall-Museen
anzusehen, zumal die Exponate durchaus ordentlich, neutral und
korrekt beschriftet sind.
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