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Die Batterie Gamvik auf der Nordkinnhalbinsel
Stand 08.11.2021
Die Nordkinn-Halbinsel ist der nördlichste Festlandspunkt Europas. Hier mußten alle Murmansk-Geleitzüge mehr oder weniger nahe vorbeigeführt werden. |
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Aber nicht zur Bekämpfung der alliierten Geleitzüge - die sich leicht außerhalb des wirksamen Schußradius von maximal 20 km einer Heeresküstenbatterie halten konnten - sondern zur Deckung naheliegender Häfen und zur Sicherung des Tanafjords installierte man drei Batterien der Heeresküstenartillerieabteilung 480 in feldmäßigem Ausbau auf der Nordkinn-Halbinsel, die es eigentlich mehr wegen ihres berüchtigten "Nordkinnvej" zu einiger Bekanntheit brachte.
Die östlichste dieser Batterien liegt direkt am Tanafjord am Ostabhang des Sandfjellet. Es führt keine Straße, noch nicht einmal ein Wanderweg, dorthin. Mit dem Boot wäre die Batterie am besten von Skanes aus zu erreichen.
Kaum noch sichtbar sind die Reste der Batterie Mehamn. Hier wurde nach
Kriegsende ein Müllabladeplatz angelegt, der mittlerweile
minimiert wurde. Der Rest des Geländes wurde mehr oder weniger planiert.
Trotzdem sind noch etliche Reste der Batterie zu finden, die eine ortsansässige
Gemeinschaft nun (endlich) auch erhalten will.
Bleibt die 4./HKAA 480 - die Batterie Gamvik. Sie war mit ihren immerhin sechs
145 mm Geschützen K 405 (f) für einen bestimmten Sektor zuständig, um feindliche Anlandungen zu verhindern.
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Durch die offene Bauweise konnte man sowohl die Reede vor Mehamn als auch die westliche äußere Zufahrt zum Tanafjord sichern. Gleichzeitig deckte man Gamviks kleinen Hafen. Immerhin ist Gamvik nach Mehamn und Kjøllesfjord der
drittgrößte Ort auf der Nordkinn-Halbinsel.
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Die Geschütze waren in offenen Bettungen behelfsmäßig mit einem standardisierten Behelfssockel schwenkbar gemacht worden.
Diese Befestigung findet man allerorten am Atlantikwall - nie jedoch so gut erhalten wie an Norwegens Küsten.
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Sie bestand aus einem festen Unterteil, welches wiederum auf einem meist betonierten Sockel fest verschraubt und in der Höhenlage ausgerichtet war. |
Es gibt auch Beispiele, bei denen die Erdsporne zur Höhenverstellung direkt in den Felsen getrieben wurden.
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Hierauf wurde dann der eigentliche Drehteller installiert und das unveränderte Geschütz samt seiner Radlafette darauf festgespannt.
Ein Stahlwinkel sorgte für die Positionierung des Rades. Um die Umlenkrolle wurde eine Kette oder ein Stahlseil zur Befestigung des Geschützes gespannt.
Durch diese einfache Vorrichtung ließ sich das Geschütz mit relativ wenig Kraftaufwand um ein Mittelpivotzapfen drehen.
Ein Gradkranz aus Blech für den Holmsporn erleichterte die exakte
Seitenrichtung. Auch diese Blechkränze findet man heute noch überall in Norwegen,
manchmal sogar vollständig.
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Die Geschützbedienung konnte sich bei nicht erwiderbarem Beschuß (Tiefflieger, Bomber) in angebaute sogenannte HWB-Unterstände (aus Heinrich-Wellblech Formteilen erstellt, bzw. mit solchen oben abgedeckt
und mit Beton armiert) flüchten, besaßen dort aber keinen bombensicheren Schutz. |
Zur Zielpeilung existierten neben dem
Leitstand zwei Kleinststände, in denen
Scherenfernrohre eingesetzt wurden.
Entdeckt haben wir auch zwei Bettungen für je eine 5 cm Kampfwagenkanone
[2], die zur Nahsicherung der Batterie eingesetzt waren.
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Das nahegelegene Flugfeld von Gamvik und die kleine
Funkmeßstation westlich der Batterie wurde von einigen leichten Flugabwehrgeschützen geschützt, die gleichzeitig zur Tieffliegerabwehr der Batterie eingerichtet waren. Wahrscheinlich waren sowohl die Batterie als auch der Flugabwehrzug am Flughafen mit mindestens je einem
60 cm Scheinwerfer ausgestattet.
Alles in allem sind die Überreste für den Forscher wenig spektakulär, aber
wahrscheinlich umso rätselhafter für die (vorwiegend deutschen,
französischen
und niederländischen) Touristen, die
sich einmal den nördlichsten Festlands-Leuchtturm –
das Slettnes Fyr – ansehen wollen
und direkt an den Resten der Batterie vorbeifahren müssen.
Unser Tip: Tanken Sie rechtzeitig - nicht immer haben die Tankstellen hier oben geöffnet oder die richtige Spritsorte im Vorrat.
Nachstehender Lageplan wurde von Erik Ritterbach / ARN und
Harry Lippmann / DAWA erarbeitet und zeigt auch die Anlagen auf, die den kleinen
Hafen Gamviks schützen sollten.
Für Interessierte:
Die 14,5 cm Kanone K 405 (f) (deutsche Bezeichnung)
Parallel zu den deutschen Marinegeschützen entwickelten die Franzosen im I. Weltkrieg ein Marinegeschütz mit einem
145 mm Rohr, welches auf einer Feldlafette installiert und somit fahrbar gemacht wurde. Die frz. Bezeichnung lautete
Canon de 145 L mle 16 St. Ch. [Firma St.
Chamond].
Nach dem I. Weltkrieg wurden einige Rohre an Rumänien verkauft, in die Hände der deutschen Wehrmacht gerieten 1940/41 etwa 215 Stück, die zumeist in der Küstenverteidigung eingesetzt wurden.
Die 14,5 cm K 405 (f) wurde sowohl in offenen Feldstellungen, in betonierten offenen Stellungen als auch in Heeresregelbauten des Typs R 679
[3, 4, 5] eingesetzt. Letztere wurden auf ein Pivot fest installiert und sollten mit einem Seitenpanzer versehen werden, der allerdings nicht überall angeliefert wurde.
Die technischen Daten der 14,5 cm K 405 (f)
[1]:
Kaliber: 145 mm
Länge der Waffe: L/50,8 (=7362 mm)
Rohrlänge: 7362 mm
Marschgewicht: 14.060 kg
Gefechtsgewicht: 13.210 kg
Richtbereich Höhe 0° bis +38°
Richtbereich Seite 6° (ohne Drehlafettenhilfe)
Vo: 784 m/sec
Geschoßgewicht: 36,2 kg
Höchstschußweite: 20.200 m (=202 hm)
Kadenz: 1 Schuß/Minute
Zur Vertiefung:
[1] |
Gander, Terry; Chamberlain, Peter |
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Enzyklopädie deutscher Waffen |
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Motorbuch Verlag, Stuttgart |
[2] |
DAWA
Sonderband 5 - Die 5cm Kampfwagenkanone im Atlantikwall |
[3] |
DAWA
Sonderband 10 - Die Heeresregelbauten, Typenheft |
[4] |
DAWA
Sonderband 30 - Die Heeresregelbauten, Bildband |
[5] |
DAWA CD - Mont Canisy |
[6] |
In einigen dem DAWA vorliegenden
Quellen wird der Geschütztyp mit 155 mm K 416 (f) angegeben. |
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